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Praxis und Revolution

Eine Sozialtheorie radikalen Wandels

Erschienen am 15.08.2018, Auflage: 1/2018
34,00 €
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783593509464
Sprache: Deutsch
Umfang: 295 S.
Format (T/L/B): 1.8 x 21.5 x 14 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Gibt es einen Zusammenhang zwischen zäher Alltagspraxis und großer Umwälzung? Unter welchen Bedingungen können kleine Veränderungen revolutionäre Ausmaße annehmen und an welche Grenzen stoßen sie? Eva von Redecker plädiert vor dem Panorama ausgewählter Literaturbeispiele dafür, dem Revolutionsbegriff eine neue Gestalt zu geben. Radikaler Wandel wird in diesem Buch sozialtheoretisch erschlossen und als langwieriger Übertragungsprozess verständlich, in dem Gegenstand und Antrieb der Veränderung in eins fallen: in Praxis.

Autorenportrait

Eva von Redecker ist wiss. Mitarbeiterin am Institut für Philosophie der HU Berlin und stellvertretende Direktorin des Center for Humanities and Social Change.

Leseprobe

Vorwort In Revolutionen wird zwar alles anders, aber nicht alles neu. Wandel ergibt sich aus dem Bestehenden und zwar, so die These dieses Buchs, durch das Umfunktionieren gegebener Strukturen nach Maßgabe von Praktiken, die in gesellschaftlichen Zwischenräumen vorweggenommen und eingeübt werden. Es bedarf dieses beharrlichen Untergrunds - oder auch dieser untergründigigen Beharrlichkeit -, um sicherzustellen, dass nach Fortsetzung nicht einfach Althergebrachtes, nach Auflösung nicht einfach Leere und nach Krisen nicht einfach Lähmung herrscht. Die Praxis der Zwischenräume wird dabei aber nicht zum neuen Subjekt der Revolution erklärt - also zu dem, was die Revolution macht. Anders als Bücher, für die trotz aller Vielstimmigkeit und aller Kollektivarbeit doch eine Autorin verantwortlich zeichnet, werden Revolutionen überhaupt nicht "gemacht". Sie entstehen aus Konstellationen von Bedingungen, die niemand steuert. Etwas nicht zu steuern, heißt aber nicht, dass man es nicht (besser) verstehen könnte. Dieses Buch verwendet gut 250 Seiten darauf, Konstellationen radikalen Wandels sozialtheoretisch zu bestimmen und schließlich auf den der antiken Rhetorik entlehnten Begriff der Metalepsis zu bringen. Gemeint ist damit ein verkehrendes Ineinandergreifen - in diesem Fall von abseitiger Praxis und bedingenden Strukturen -, das einen Übergang ermöglicht. Mit Doktorarbeiten vollziehen Wissenschaftlerinnen den Übergang in die akademische Gemeinschaft. Die tradititionellen Rituale, die damit - trotz aller neoliberalen Einebnung - immer noch verbunden sind, stiften bemerkenswerte Verwandtschaftsverhältnisse: auf die Adoption durch Doktormütter oder -väter folgt die Entstehung eines Werkes. Wie Nonnen nach bestandenem Novizat in einer symbolischen Zeremonie der Eheschließung in die Klostergemeinschaft aufgenommen werden, wird die Promovendin durch die Disputation Teil der Wissenschaftsgemeinde. Als deren Mitglied steht sie schließlich vor der Aufgabe, die Offerte wieder weltfähig zu machen und von einer Qualifikationsschrift in ein Buch zu verwandeln - nicht zuletzt, um sich anschließend von dem Gesellenstück trennen und neuen Forschungsfeldern zuwenden zu können. Ich staune immer noch, dass dies gelungen sein soll. Und es ist ein ganz einfacher und überhaupt nicht neuer Begriff, auf den mich dieses Staunen bringt: Dankbarkeit. Mit der Würdigung all der Hilfe, Ermutigung und Herzlichkeit, die mich durch die letzten Jahre getragen haben, ließen sich ihrerseits leicht 250 Seiten füllen. Ich hoffe, dass meine Dankbarkeit viele über die folgenden Passagen hinausreichende Ausdrucksmöglichkeiten finden wird und beschränke mich auf den Versuch, den Anteil derer zu benennen, ohne die dieses Buch schlichtweg nie geschrieben worden wäre. Rahel Jaeggi danke ich als Betreuerin der diesem Buch zugrundeliegenden Dissertation: Für die grandiose Mischung aus vorbehaltloser Begeisterung für das Projekt im Allgemeinen und gehöriger Skepsis gegenüber fast allen seinen besonderen Hypothesen. Gerade das, wovon ich mich über weite Strecken der Promotion maßlos überfordert gefühlt habe - immer schon als die philosophische Dialogpartnerin angesprochen zu werden, die ich doch durch die Arbeit an der Qualifikationsschrift überhaupt erst allmählich zu werden gedachte -, erscheint mir im Nachhinein als die großzügigste Gabe. Es gibt also Lernprozesse. Rahel als Chefin danke ich für das inspirierende und sich ständig bereichernde Umfeld, sowohl an der Humboldt-Universität als auch vorübergehend an der New School, New York, in dem ich Kooperationen, Herausforderungen und Freundschaften finden konnte, wie es sie in dieser Dichte wohl nur in wenigen intellektuellen Zentren gibt - dieser Dank gilt zugleich meinen wunderbaren Kolleg_innen am Lehrstuhl. Schließlich danke ich Rahel für tiefe persönliche Vertrauensbeweise und dafür, den Elfenbeinturm mit so sprudelnder Lebendigkeit zu füllen, dass ich nie dazu gezwungen war, kostbare Zeit mit Grübelei darüber zu versc